Menschen stehen vor einer Konzertbühne und jublen einem Musiker zu. Menschen stehen vor einer Konzertbühne und jublen einem Musiker zu.

Gehörschutz und Konzerte: Wie schütze ich mein Gehör?

Gehörschutzexperte Stefan Tiesing: HiFi-Gehörschutz für laute Konzerte

Ein Porträt von Stefan Tiesing.

Die Woche des Hörens will auf das empfindliche Sinnesorgan Gehör aufmerksam machen und in der Bevölkerung für mehr Aufklärung sorgen. Gehörschutzexperte Stefan Tiesing gibt im Interview Tipps für den Besuch lauter Konzerte und die Benutzung von Gehörschutz. Hier ist der Wortlaut:

Bei Konzerten von Rockbands geht’s ordentlich zur Sache. Welche Lautstärken werden da erreicht?

Stefan Tiesing: Das kommt sehr auf das jeweilige Konzert an. Leider weiß man so etwas nicht, bevor man das Konzert besucht. 90 bis 100 Dezibel sind keine Seltenheit. Kurzzeitig können auch Werte von 110 oder gar 120 Dezibel erreicht werden. Zum Vergleich: 120 Dezibel sind mit einer Kreissäge oder einem startenden Düsenjet in 100 Meter Entfernung vergleichbar. Übrigens betrifft dieses Lautstärkeproblem nicht nur Rockkonzerte. Auf vielen Popkonzerten geht es ebenfalls äußerst laut zu. Und sogar Volksmusikveranstaltungen werden immer lauter!

Was passiert mit den Ohren, wenn ich einen Abend lang im lauten Konzert stehe?

Im Ohr wird der Schall in elektrische Impulse umgewandelt. Das passiert im Innenohr und wird von den sogenannten "Haarsinneszellen" erledigt. Diese Sinneszellen werden durch zu lauten Schall geschädigt. Man kann sich das so vorstellen, dass diese Haarsinneszellen regelrecht abknicken oder ausgerissen werden. Schon ein einziges Konzert in der Nähe der Boxentürme reicht aus, um das Gehör nachhaltig zu schädigen. Das Risiko steigt mit jedem weiteren zu lauten Konzert.

Gibt es Alarmzeichen? Woran erkenne ich, dass es zu laut war im Konzert?

Der Klassiker ist das dumpfe Gefühl nach einem Konzert. Wenn alles wie in Watte gepackt klingt, dann war die Lärmdosis bereits deutlich zu hoch. Dasselbe gilt für Rauschen, Klingeln oder Pfeifen im Ohr. Wenn so etwas nach einem Konzert auftritt, ist bereits ein erster Lärmschaden eingetreten.

Aber das dumpfe Gefühl ist doch am nächsten Tag wieder weg ...

Das ist ein Trugschluss. Zwar kommt das Gehör in den meisten Fällen wieder zurück, es klingt am nächsten Tag nicht mehr so dumpf. Aber es kommt in vielen Fällen nicht zu 100% zurück. Es bleibt ein kleiner Lärmschaden, kaum merklich. Und nach dem nächsten Konzert kommt wieder etwas Lärmschaden hinzu, wieder unbemerkt. Dann noch etwas und noch etwas. Es ist eine tückische Spirale nach unten: Irgendwann bemerkt man, dass mit dem Hören etwas nicht stimmt, dass Sprache nicht mehr so gut verstanden wird. Dann ist es allerdings schon zu spät. Wichtig ist: Einen Hörschaden kann man nicht reparieren. Es gibt in der Apotheke keine Pille, die alles wieder in Ordnung bringt. Den Hörschaden muss man lebenslänglich ertragen!

Was kann man tun, um die Ohren während des Konzerts zu schützen?

Da man dem Schall im Konzert meist nicht ausweichen kann, sollte man Gehörschutz mit in das Konzert nehmen. Die Ohrstöpsel setzt man am besten kurz vor Beginn des Konzertes ein. Wenn man dann noch darauf achtet, nicht direkt vor einem Boxenturm zu stehen, dann ist man auf der sicheren Seite. Denn: Konzertgehörschutz mindert den Lärmpegel und maximiert den Sound.

Manche Konzertbesucher verzichten ganz bewusst auf Ohrstöpsel, weil sie der Meinung sind, die seien auffällig und ruinieren den Klang. Sind deren Ohren noch zu retten?

Zum Glück trifft das heute nur noch auf Schaumstoffstöpsel zu. Die sind tatsächlich recht auffällig (meist neonfarben), und einige von ihnen haben eine so starke Dämmung, dass der Klang kaum noch genießbar ist. Sie schützen toll, aber klingen zum Teil schlecht. Für Konzerte besser geeignet sind die HiFi-Gehörschützer. Diese Gehörschutzgruppe besitzt einen Filter, der dafür sorgt, dass der Klang im Konzert möglichst wenig leidet. So werden z.B. die schädlichen hohen Frequenzen herausgefiltert, die satten Bässe sollen jedoch zum Teil noch durchkommen. Auf diese Weise klingt die Musik immer noch satt und man empfindet Lautstärke. Man hat nicht das Gefühl, als hätte jemand leise gedreht oder den Stecker herausgezogen. Wichtig auch: HiFi-Gehörschutz belüftet das Ohr. Dadurch hat man nicht so ein abgeschlossenes Gefühl.

Was muss man investieren, um so einen Gehörschutz zu bekommen?

Konzertgehörschutz gibt es schon unter 20 Euro. Die Spitzenmodelle liegen unter 30 Euro. Wir haben auf sonicshop.de eine Reihe von HiFi-Gehörschützern in einer Übersicht zusammengestellt.

Stefan Tiesing über die Risiken auf lauten Konzerten und wie man seine Ohren am besten davor schützt. Vielen Dank für das Gespräch!