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Leisetreter -
Der Gehörschutz-Blog

Lärmbelastungsrechner

Eigentlich eine gute Idee: Ein Programm, mit dem sich die persönliche Lärmbelastung ermitteln lässt und auch das Risiko, eine Schwerhörigkeit zu erleiden. Ganz besonders jüngere Menschen sind heutzutage gleich mehreren Lärmquellen ausgesetzt, von denen sie einige selber vermutlich gar nicht als „Lärm“ bezeichnen würden: Arbeitsplatz, Disco, Konzerte, MP3-Player, …

Wäre es nicht toll, wenn ich mir per Software mit ein paar Klicks mein persönliches Hörverlust-Risiko anzeigen lassen könnte?

Genau das kann man nun mit Hilfe des Lärmbelastungsrechners der IFA (Institut für Arbeitsschutz).

Das Institut für Arbeitsschutz gehört zur gesetzlichen Unfallversicherung. Es ist damit quasi amtlich. Und genau das scheint auch das Problem zu sein: Beim Versuch, mit einer solchen Software die gewünschte Zielgruppe zu erreichen, wäre ein privates Unternehmen vermutlich zunächst mit den Augen der Zielgruppe an das Projekt heran gegangen. Anders das Institut für Arbeitsschutz: Hier wurde auf eine klassische, schlichte, Windowsoberfläche gesetzt und auf jegliche Aufhübschung verzichtet. Die Eingabemaske besteht aus endlosen Textwüsten und Interessenten werden mit unromantischem Fachchinesisch um Auskunft gebeten: „…so kann Ihr L EX,8h maximal 80 dB(A) betragen“. Zudem müssen in dreiseitigen PDF-Files Kennziffern studiert werden.

Schade, die Idee ist gut und so wichtig. Leider hat die IFA hier an der Zielgruppe vorbei programmieren lassen und statt eines interaktiven Tools ein „amtliches Erfassungsblatt“ veröffentlicht. Junge Menschen (insbesondere Berufsanfänger) lassen sich mit einer so trockenen Umsetzung kaum gewinnen. Vielleicht gibt es ja bald eine Version 2.0, online bedienbar und in optisch und funktionell ansprechender Form?

Lass Dich nicht vom Lärmteufel erwischen

Junge Leute sind häufig nicht sensibilisiert für Lautstärken. Musik wird meist lauter gehört als dies gesund ist. Dabei kann man eigentlich niemandem wirklich einen Vorwurf machen, denn gerade Freizeitlärm ist tückisch.

In unserer Freizeit erwischt und Lärm auf eine ziemlich hinterlistige Art und Weise: In Form von schönen/coolen/lässigen/angesagten/hippen Klängen. Und damit öffnet sich der Eingang zu einem Teufelskreis.

Beispiel Musik: Lieblingsmusik macht uns euphorisch, glücklich, high. Wir tanzen gerne darauf ab oder hören sie immer und immer wieder. Oft stellt sich dieser Effekt erst mit einer kräftigen Lautstärke ein. Und wenn wir einige Minuten laute Musik gehört haben, dann kommt ein weiterer Kick nur, wenn die Lautstärke noch einmal zunimmt. So gesellt sich Dezibel zu Dezibel und die Pegel der Musik werden immer lauter. Dabei ist es egal, ob wir die Musik per MP3-Player, auf einem Konzert oder in der Diskothek hören.

Lärm von der Kreissäge ist unangenehm, Lärm aus dem Lautsprechern fühlt sich gut an. Beides schädigt jedoch in gleichem Maße.

Eine neue Kampagne des Teams vom SonicShop versucht nun einen kleinen Schritt auf jüngere Zielgruppen zuzugehen und das Thema Freizeitlärm und Gehörschutz in den Focus zu setzen. Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, dafür mit einem freakigen Kollegen namens „Lärmteufel“.

Zu Beginn der Aktion verlost sonicshop.de für alle Facebook-Fans 100 Lärmteufel-T-Shirts.

Edit: Diese Aktion ist abgelaufen. Wenn Sie keine Aktion mehr verpassen möchten, abonnieren Sie unseren Newsletter oder folgen Sie uns auf Facebook oder Instagram.

Druckluftfanfare: Das Gehör zuverlässig zerstören

Die meisten Leute finden es lustig:

Mir treibt dieser kurze Spot das kalte Grausen ins Gesicht. Hoffen wir für die Akteure, dass es ein Fake war und dass der Möchtegern-Karatekid Ohrstöpsel trug, als er mit der Drucklufttröte beschallt wurde. Diese Druckluftfanfaren erzeugen nämlich Pegel jenseits der 110 Dezibel. Da werden gerne mal 115 dB gehandelt. Und jetzt kommt der Clou: Diese Lautstärken werden im Labor gemessen, in der Regel mit mindestens einem Meter Abstand zum Mikrofon.

Bei diesem Angriff ist also wohl davon auszugehen, dass Pegel in einer Größenordnung erreicht wurden, die zu einer sofortigen Schädigung des Gehörs geführt haben. Sofort – und endgültig. Schäden durch solche Lärmereignisse zerstören die empfindlichen Haarsinneszellen im Inneren der Hörschnecke sehr zuverlässig. Einmal ausgerissen oder abgeknickt wachsen diese Sinneszellen nicht mehr nach. Was bleibt ist ein Hörverlust, oder ein Tinnitus, oder gar beides.

Warum ich das schreibe? Weil ich mir sehr gut vorstellen kann, dass sich das ganze schnell zum lustigen Partygag entwickelt. Immerhin knapp eine Million Menschen haben sich auf YouTube bereits darüber amüsiert.

Die Druckluft-Fanfaren sind überall frei verkäuflich und das Opfer muss nicht mal schlafen, um damit eindrucksvoll erschreckt zu werden. Und wer weiß schon, dass ein Beinbruch im Gips nach einigen Wochen verheilt, ein Ohr mit Lärmschaden jedoch ein Leben lang schlecht hört?

Lärmfaktor Kranich

Kraniche sind stolze Vögel. Meist gern gesehen. Und im Spätherbst stehen sie beinahe schon symbolisch für den Zug der Vögel gen Süden.

Ein einzelner Kranich macht ein wenig Lärm. Mehrere Kraniche schon etwas mehr. 30.000 von ihnen veranstalten jedoch ein ohrenbetäubendes Getöse.

Die Welt berichtete jüngst in ihrer Onlineausgabe über diejenigen Landstriche, die wir meinen, wenn wir davon sprechen, dass Kraniche „gen Süden fliegen„. Gemeint ist zum Beispiel Israel. Dort veranstalten die die Vögel ein Höllenkonzert und bringen die Bauern um ihre Kichererbsenernte.

Da ich nicht mit dem Schallpegelmesser vor Ort war, bleibt mir nur der Taschenrechner. Nun ist das mit den Dezibel so eine Sache. Die kann man nämlich nicht so einfach addieren. Die Regel lautet: „Immer wenn sich die Anzahl der Schallquellen verdoppelt erhöht sich der Pegel um 3 dB„. Also bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass ein Kranich 60 Dezibel auf die akustische Waage bringt. Das ist etwa so laut wie Menschen sprechen. In der Tabelle rechts sehr Ihr, wie laut es mit zunehmender Kranichpopulation werden kann: Ziemlich laut. Auch wenn die Kraniche zugegebenermaßen nicht alle an einem Ort sitzen.

Lärmende Kraniche in Israel sind ein weiteres Beispiel für die Subjektivität von Schall & Lärm: Was hier bei uns idyllische Akustikkulisse ist, bringt andere Landstriche um den Verstand.

Alles eine Frage der Dosierung…

Das Foto hat Andreas Köckeritz für pixelio.de
geschossen. Zugegeben, er war dafür
vermutlich nicht in Israel.

Müssen Gehörlose Gehörschutz tragen?

Manchem Leser der Nordseezeitung mag das schlecht recherchiert vorgekommen sein: Ein Gehörloser Mensch wird in einem Maschinenbaubetrieb angestellt und muss dort Gehörschutz tragen.

Dabei kann das durchaus gute Gründe haben. Denn die meisten gehörlosen Menschen hören keineswegs überhaupt nichts. Meist sind sie im Besitz eines Restgehörs. Mit Hilfe von Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten wird die Umgebungsakustik für das Restgehör so aufbereitet, dass sie z.B. bei der Orientierung oder beim Wahrnehmen von Warnsignalen hilft.

Zwar ist in Fachkreisen umstritten, ob ein Restgehör, also ein recht geringes Hörvermögen, durch berufliche Lärmeinwirkung weiter geschädigt werden kann (schließlich machen Hörgeräte ja auch alles lauter), dennoch ist es ratsam, in besonders lärmbelasteter Umgebung, wie z.B. im Maschinenbau, die Hörreste durch geeigneten Gehörschutz vor weiterer Schädigung zu schützen. Meist geht das ohne großen Aufwand, denn in diesen lauten Bereichen wird ohnehin durch den Arbeitgeber Gehörschutz bereit gestellt.

Der Funkenflug wurde von Christian Fraaß
für aboutpixel.de festgehalten.

Blödes Orchester beeindruckt

Als ich heute morgen die Kaffeemaschine ansah, dachte ich so bei mir: Wie einsam muss sie sich fühlen. Gurgelt hier solo vor sich hin, dabei wäre ihr Platz eigentlich zwischen der Waschmaschine und dem Mixer. Mit ihrem Talent (bei Fertigstellung des Kaffees legt sie sich akustisch wirklich richtig ins Zeug!) wäre sie in symphonischem Rahmen ganz sicher eine ganz große Nummer!

Ich werde mich in den nächsten Tagen an das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg wenden und fragen, ob dort noch ein Platz im Orchester frei ist. Im Blöden Orchester.

In diesem eindrucksvollen Ensemble spielen über 150 historische Küchengeräte immer fünfzehn Minuten nach der vollen Stunde zu einer 35-minütigen Küchensymphonie auf.

Der Dirigent, Cembalist und Komponist Michael Petermann hat satte 8 Jahre an der Idee gearbeitet. Er trug die Klangkörper zusammen und synchronisierte der Betriebsgeräusche zu einem eindrucksvollen Soundtrack. Noch bis zum 30. April 2011 ist sein Arrangement in Hamburg zu bestaunen.

[vimeo 19902008 530 298]

Nicht nur die Akustik des Orchesters beeindruckt, auch das Video ist toll gemacht. Hier wird deutlich: Der feine Unterschied zwischen Lärm und Musik liegt nicht beim Verursacher, sondern im Kontext und im Ohr des Zuhörers. Viele der aufführenden Küchengeräte wurden heutigen Lärmschutzempfinden im Küchenbetrieb nicht mehr genügen. Hier im Orchester stört das kaum jemanden.

[via Kugelbahn-Blog]

Video: white tube, Orchesterübersicht
oben rechts ist aus dem Video.

Senioren und der Lärm aus der Kita

Seit Tagen diskutiert Deutschland über Lärm in und aus Kindertagesstätten. Der Grund: Seit Anfang Februar nehmen die Pläne für ein geändertes Immissionsschutzgesetz Formen an. Darin sollen Baumaschinen und Kinder in Zukunft nicht mehr gleichgestellt sein wenn es um die Beurteilung der akustischen Emissionen geht (sprich: Wie viel Lärm kommt raus?).

Ich möchte das Thema heute einmal von einer anderen Seite beleuchten. Dabei unterstelle ich, dass es überwiegend Menschen in der zweiten Lebenshälfte sind, die Kinderlärm in Wohngebieten kritisch sehen. Die „Senioren-Union“ nährt diese Unterstellung.

Wenn man annimmt, der der Großteil dieser Menschen selber Kinder aufwachsen sah, dann sollte die Suche nach anderen Gründen als „Altersstarrsinn“ erlaubt sein. Einen (sicher nicht den einzigen) glaube ich gefunden zu haben.

Beinahe jeder 6. Deutsche besitzt ein eingeschränktes Hörvermögen. Schaut man sich die Aufteilung nach Altersgruppen an, so sieht man eine Häufung bei den über 60-jährigen. In dieser Altersgruppe hört mehr als die Hälfte der Menschen nicht mehr optimal.

„Und was hat das mit Kinderlärm zu tun? Ist doch prima – wer schlecht hört den stören die Kinder auch weniger…!“

Ein weit verbreiteter Irrglaube.

Im Alter verschwindet häufig die Empfindlichkeit für leise Töne. Die Empfindlichkeit für laute Töne bleibt jedoch gleich oder kehrt sich ins Gegenteil um: Viele ältere Menschen habe eine Überempfindlichkeit für laute und hohe Töne (auch Hyperakusis genannt). Zusätzlich kämpfen schwerhörige Menschen mit dem Cocktailparty-Effekt: Laute Hintergrundgeräusche überdecken leise Sprache und machen eine Unterhaltung zur Qual.

Kindergeschrei aus der Kita trifft also gleich mehrere Hörproblembereiche von Menschen mit Hörverlust: Es ist laut und es ist schrill (hohe Frequenzanteile). Damit ist es unbehaglich laut: Das Kindergeschrei wird lauter und schriller wahrgenommen als von Menschen mit intaktem Gehör. Zusätzlich überdeckt es die leise Sprache, welche von älteren Menschen dann meist schlechter verstanden wird.

Nimmt man all diese Höreffekte zusammen, dann wundert es nicht, dass sich Menschen mit Hörverlust durch den hochfrequenten Lärm aus Kindertagesstätten in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sehen. Und geht man davon aus, dass der größere Teil der Hörgeschädigten zur Gruppe der Senioren zählt, so ist auch klar, warum diese besonders energisch nach Hilfe rufen.

Was bleibt ist allerdings die Frage nach dem geeigneten Mittel zur Lösung des Problems. Denn neben der Verlegung der Kita an den Stadtrand gäbe es noch die Alternative, dem Hörverlust und der Lärmüberempfindlichkeit durch moderne Hörgeräte entgegen zu wirken.

Der süße Fratz, der oben rechts so
illustrativ für diesen Betrag schreit,
wurde von memekode festgehalten.

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